Erfolgreiche Kälberaufzucht mit standardisierten Arbeitsanweisungen (SOP)

30. Oktober 2025 — Kälberfütterung, Kälberhaltung, Kälbermanagement, Praxisbericht
Standard Operating Procedure (SOP): Warum sie helfen und wie man sie auf seinem Betrieb umsetzt. Ein Bericht von Kjara Braun, Holm & Laue.

Die Gesundheit der Kälber von Anfang an sichern, Arbeitsprozesse optimieren und gleichzeitig Zeit und Ressourcen sparen – all das durch eine einfache, aber wirkungsvolle Methode. In der Tierhaltung sind es oft die kleinen Details, die den Unterschied zwischen durchschnittlicher und herausragender Aufzucht ausmachen. Doch wie sorgt man dafür, dass alle Mitarbeitenden stets nach den besten Standards arbeiten? Die Antwort liegt in klar formulierten Arbeitsanweisungen – den sogenannten SOPs. Sie sind das unsichtbare Rückgrat einer erfolgreichen Kälberaufzucht und können den entscheidenden Unterschied in der Effizienz eines Betriebs bedeuten.

Was sind SOPs und warum sind sie wichtig?

SOPs sind standardisierte Verfahren, die dafür sorgen, dass alle Tätigkeiten nach festgelegten Abläufen durchgeführt werden. Sie sind ein Werkzeug, um Konsistenz und Qualität der Arbeitsprozesse sicherzustellen und Fehler zu minimieren. In kleinen Bausteinen wird ein Arbeitsablauf detailliert und für jeden Anwender verständlich aufgearbeitet. Insbesondere bei wechselnder Mitarbeiterverantwortung oder beim Onboarding neuer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stellen SOPs eine sehr gute Hilfestellung dar, um Arbeitsabläufe eigenständig abarbeiten zu können.

In der Kälberaufzucht können SOPs eine Vielzahl von Prozessen umfassen: von der Fütterung und den Gesundheitskontrollen über die Hygiene bis hin zur Wartung der Technik. Durch die konsequente Anwendung dieser SOPs kann sichergestellt werden, dass die Kälber täglich optimal versorgt werden.

Praxisbeispiel: Betrieb Rohwer – Erfolgreiche Umsetzung von SOPs in der Kälberaufzucht

Der Milchviehbetrieb Rohwer in Aukrug hat die Einführung von SOPs in der Kälberaufzucht erfolgreich umgesetzt. Mit 230 Milchkühen setzt der Betrieb auf die Unterstützung durch Minijobber, die eigentlich in anderen Berufsfeldern tätig sind und keinen landwirtschaftlichen Hintergrund haben. Dies birgt die Herausforderung, dass die alltäglichen Aufgaben nicht immer mit der gleichen Qualität und auf die gleiche Art und Weise erledigt werden. Um hierbei Unterstützung zu bieten und Arbeitsprozesse effizienter zu gestalten, führte der Betrieb SOPs ein. Insbesondere im Bereich der Kälberhaltung und -fütterung wurden für alle wichtigen Arbeitsschritte detaillierte Anweisungen erstellt:

Erstversorgung nach der Geburt mit Kolostrum

Bei der Geburt folgt die Erstversorgung des Kalbes mit Kolostrum einem klaren Ablauf. Zu jeder Kalbung außerhalb der Melkzeiten wird standardmäßig Kolostrum aufgetaut und mittels Nuckelflasche vertränkt. Die gemessenen Brixwerte des Kolostrums sind dokumentiert und nach Qualitätsabstufungen im Gefrierschrank sortiert.

Es ist genau festgelegt, welches Kalb (männlich, weiblich, Schwergeburt) die entsprechende Kolostrumqualität bekommen soll. In diesem SOP wird zudem genau definiert, wie das Auftauen bzw. Vertränken durchzuführen ist. Als ein wichtiger Hinweis stellte sich für diesen SOP heraus, eine Angabe zu machen, wie lange das Kolostrum zum Auftauen benötigt. Dies hat sichergestellt, dass das Vertränken nicht zu spät erfolgte bzw. nicht in Vergessenheit geriet.

Insbesondere in diesem Themenfeld sollte darauf geachtet werden, dass SOPs einem klaren Ziel zugeordnet werden. Da eine Kalbung viele wichtige Arbeitsschritte umfasst – wie beispielsweise auch die Erstversorgung der Kuh – sollten möglichst immer Teilbereiche definiert werden, für die jeweils kleine, konkrete SOPs formuliert werden. So kann die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter kleine Aufgaben nacheinander abarbeiten, und es geraten keine Schritte in Vergessenheit.

Geburtswiegung

Im Rahmen des Transports der Neugeborenen in den Kälberbereich wird eine Geburtswiegung durchgeführt. Mit Hilfe der WeightControl wird nicht nur das Geburtsgewicht dokumentiert, sondern auch weitere Informationen zum Kalb wie beispielsweise die Rasse, das Geburtsdatum und der Kalbeverlauf sowie der Zeitpunkt und die Menge der Kolostrumversorgung werden erfasst.

Der SOP beschreibt wie das Kalb richtig auf die Waage zu führen ist, wie das Gewicht der entsprechenden Lebendohrmarke zugeordnet wird und wie Details zum Kalb hinterlegt werden. Da auf Grundlage dieser Geburtswiegung bei nachfolgenden Wiegungen individuelle Tageszunahmen berechnet werden, ist die richtige Erfassung der Erstwiegung besonders wichtig.

Kälbertränke anrühren

Am wichtigsten schätzt der Betrieb den SOP zum Anrühren der Kälbertränke ein, um immer gleichbleibende Zusammensetzungen gewährleisten zu können. Da auf dem Betrieb eine Mischung aus pasteurisierter Vollmilch und Milchaustauscher verfüttert wird, muss auf das richtige Anrühren der Kälbertränke ein besonderes Augenmerk gelegt werden. Um die Tränkezusammensetzung stets identisch zu gestalten, steht den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ein SOP zur Verfügung, das den genauen Ablauf des Anmischens beschreibt. Um bestmögliche Ergebnisse zu erreichen, wird zum Anrühren das MilchTaxi von Holm & Laue mit der Funktion „SmartMix“ verwendet.

Der SOP leitet die anwendende Person durch die einzelnen Schritte, damit die Komponenten in der richtigen Reihenfolge eingefüllt werden und das MilchTaxi die Mengen an Vollmilch und Wasser korrekt erfassen kann. Da ein gleichbleibender Trockenmassegehalt besonders wichtig ist, berechnet SmartMix die Aufwertung der Vollmilch (hier: 11 % TM für Vollmilch eingestellt) und die genaue Zusammensetzung der Komponenten auf die gewünschte Trockenmasse von 14 %.

Der Vollmilchanteil wird zusätzlich angesäuert und das Einfüllen des Pulvers wird ebenfalls mit Dosierung und Art des Anrührens genauestens beschrieben. In diesem SOP wird jeder kleinste Schritt mit den entsprechenden Tastensymbolen des MilchTaxis dargestellt. Das ist insbesondere beim Anlernen neuer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie bei einem spontanen Aufgabenwechsel sehr unterstützend. Die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter hat somit eine sehr gute Hilfestellung, wenn sie oder er das erste Mal allein die Tränke anrühren muss, und kann wesentlich selbstständiger arbeiten.

Tägliche Aufgaben im Kälberbereich

Im Kälberbereich ist eine Übersicht des Iglu-Systemstalls angebracht, die zeigt, welche Aufgaben täglich erledigt werden müssen. So hat jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter direkt vor Augen, welche Arbeiten erledigt werden müssen, und kann sich am Ende seiner Arbeitsschicht vergewissern, ob nichts vergessen wurde.

Die grafische Darstellung zeigt außerdem direkt, wie der Stall optimalerweise verlassen werden sollte. Das erspart Kontrollgänge und niemand muss sich mehr über nicht erledigte Arbeiten ärgern. Als zusätzliche Hilfestellung ist der Nesting Score sichtbar, um vor allem jungen Kälbern ausreichend Schutz bei ungünstigen Witterungen zu bieten.

Reinigung und Desinfektion von Einzeliglus

Auch die Reinigung und Desinfektion der Iglus erfolgt nach einem festgelegten Prozess, um Infektionsrisiken zu minimieren. Dazu gehören Anweisungen zum Aufbau des Arbeitsplatzes, zum Einsatz geeigneter Reinigungsmittel, zu den Einwirkzeiten und zur Reinigung mit einem Hochdruckreiniger. In diesem SOP hat es sich als besonders wichtig herausgestellt, auf wichtige Stellen hinzuweisen, die bei der Reinigung schnell vergessen werden.

Es ist beispielsweise wichtig, darauf zu achten, die Einstreuklappe beim Waschen aufzustellen, das Gitter des Auslaufs hochzuklappen und das Iglu auch von unten zu säubern. Zusätzlich wird die Desinfektion mit genauer Beschreibung der Dosierung und der Einwirkzeiten erläutert.

Vorteile der Nutzung von SOPs in der Kälberhaltung

Durch die standardisierten Arbeitsabläufe kann in dem Betrieb eine gleichbleibende Qualität gewährleistet werden. Es können Fehler – insbesondere in kritischen Lebensabschnitten, wie zum Zeitpunkt der Kolostrumgabe – vermieden werden. Klare Anweisungen verhindern Missverständnisse zwischen den Mitarbeitern und gewährleisten eine optimale Aufzucht der Kälber. Zudem werden Arbeitsprozesse optimiert sowie Zeit und Ressourcen eingespart. Neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter können schnell eingearbeitet werden und durch die klare Dokumentation der Abläufe steht auch immer ein sehr gutes Nachschlagewerk zur Verfügung.

Fazit

Durch die Implementierung der SOPs konnte der Betrieb die Arbeiten im Kälberbereich deutlich effizienter gestalten. Es ist sichergestellt, dass die Kälber zu jedem Zeitpunkt optimal versorgt sind. Zudem konnten die Selbstständigkeit und das Selbstvertrauen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter deutlich gesteigert werden.

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