Welcher Nuckel ist der Richtige? – Eine Studie zur Beeinflussung der Trinkgeschwindigkeit bei Kälbern
11. Dezember 2025 — Tränkeautomaten, Wissenschaft — #CalfExpert #Kälbergesundheit #MilkBar #TränkenuckelDie ersten Lebenswochen eines Kalbes sind prägend für seine spätere Entwicklung. In dieser Phase entscheidet sich, wie gesund, leistungsbereit und stressresistent die spätere Milchkuh sein wird. Dabei spielt nicht nur die Menge und Qualität der Milch eine Rolle, sondern auch die Art, wie das Kalb sie aufnehmen kann.
Denn: Kälber haben ein starkes, natürliches Saugbedürfnis. Es stillt nicht nur den Hunger, sondern wirkt beruhigend und reduziert den Stress. Kann dieses Bedürfnis nicht ausreichend befriedigt werden, zeigen Kälber schnell unerwünschtes Verhalten, wie gegenseitiges Besaugen.
Neben der Tränkemenge ist auch die Trinkgeschwindigkeit entscheidend dafür, wie zufrieden und ausgeglichen ein Kalb ist. Und genau hier setzt eine aktuelle Untersuchung an: Sie zeigt, welchen Einfluss die Beschaffenheit des Nuckels auf das Trinkverhalten von Kälbern hat.
In diesem Artikel geht es um
Die Studie: Drei Nuckel im Vergleich
Die Untersuchung wurde auf einem Milchviehbetrieb in Schleswig-Holstein (250 Kühe, 210 ha landwirtschaftliche Nutzfläche) durchgeführt.
Die Kälber wurden über einen CalfExpert Tränkeautomaten mit Milchaustauscher versorgt, sodass jede Milchaufnahme präzise erfasst werden konnte. Das Ziel war es herauszufinden, wie sich die verschiedenen Nuckeltypen auf Trinkgeschwindigkeit, Milchaufnahme und Verhalten auswirken.
Zum Einsatz kamen:
- PinkTeat-Nuckel (3 mm Lochdurchmesser) – Standardnuckel, Durchfluss 500–700 ml/min
- Nuckel mit 2 mm Lochdurchmesser – engerer Nuckel, Durchfluss 300–500 ml/min
- Milk Bar-Nuckel – kürzerer Nuckel mit Kreuzschlitz; laut Herstellerangabe: langsamere Trinkgeschwindigkeit und stärkere Speichelbildung
Die Ergebnisse im Überblick
1. Trinkgeschwindigkeit
- Mit dem 3 mm-Nuckel tranken die Kälber im Schnitt 600 ml/min.
- Mit dem 2 mm-Nuckel lag die Geschwindigkeit bei 444 ml/min. Diese Gruppe zeigte die wenigsten individuellen Unterschiede in der Trinkgeschwindigkeit.
- Der Milk Bar-Nuckel reduzierte die Trinkgeschwindigkeit ebenfalls deutlich, allerdings nur, wenn er regelmäßig ausgetauscht wurde. Zum Ende der Nutzungsdauer des Nuckels stiegen die Trinkgeschwindigkeiten an.
2. Dauer und Besuchsfrequenz der Tränkeaufnahme
- Kälber mit dem 2 mm-Nuckel verbrachten täglich mehr Zeit mit dem Trinken (Ø 21,3 min) als Kälber mit dem 3 mm-Nuckel (Ø 16,3 min).
- Gleichzeitig hatten sie weniger Besuche ohne Anrecht am Automaten – ein Zeichen für eine höhere Sättigung und weniger Frust.
3. Tränkemenge und Milchaufnahme
- Mit dem 3 mm-Nuckel nahmen Kälber pro Besuch etwas mehr Milch auf als mit dem 2 mm-Nuckel.
- Über den gesamten Versuchszeitraum lag die Milchaufnahme bei den Kälbern mit dem 3 mm-Nuckel täglich 757 ml höher als die Milchaufnahme der Kälber mit dem 2 mm-Nuckel.
4. Abgebrochene Besuche
- Bei den Kälbern mit dem 2 mm-Nuckel wurden abgebrochene Besuche registriert. Bei den beiden anderen Nuckeln trat dieses Phänomen so gut wie nicht auf.
5. Verhalten nach der Tränkeaufnahme
- Kälber mit dem 3 mm-Nuckel zeigten nach dem Trinken deutlich mehr Aktivität.
- Kälber, die mit dem Milk Bar-Nuckel gefüttert wurden, waren nach der Tränkeaufnahme hingegen deutlich weniger aktiv als die anderen Gruppen.
6. Einfluss der Gesundheit
- Unabhängig vom Nuckeltyp tranken kranke Kälber (zum Beispiel mit Atemwegsinfekten) deutlich langsamer (–100 ml/min), nahmen fast 1 Liter Milch weniger pro Tag auf und hatten weniger Besuche am CalfExpert.
Was bedeutet das für die Praxis?
Die Studie zeigt klar: Der Nuckel macht den Unterschied.
- 3 mm-Nuckel: Höchste Milchaufnahme, aber auch größere Unterschiede zwischen den einzelnen Kälbern und mehr Aktivität nach der Tränke.
- 2 mm-Nuckel: Ruhigeres Verhalten und gleichmäßigere Trinkgeschwindigkeiten, aber eine geringere Milchaufnahme. Häufigerer Nuckelwechsel notwendig. Gut für Kälbergruppen mit hohem Risiko für gegenseitiges Besaugen geeignet.
- Milk Bar-Nuckel: Kälber sind am ruhigsten, haben weniger Abbrüche und eine reduzierte Trinkgeschwindigkeit. Allerdings müssen diese Nuckel regelmäßig erneuert werden. Eine frühe Gewöhnung ist sinnvoll, zum Beispiel schon in der Einzelhaltung.
Drei Praxistipps für Landwirte
1. Den richtigen Nuckel wählen:
Überlegen Sie, welche Ziele für Ihre Kälbergruppe im Vordergrund stehen – die maximale Milchaufnahme oder die Reduktion von unerwünschtem Verhalten?
2. Nuckel regelmäßig austauschen:
Insbesondere bei den Nuckeln von Milk Bar ist es entscheidend, die Herstellerangaben zu beachten. Abgenutzte Nuckel verändern die Trinkgeschwindigkeit und verfälschen die Effekte. Diesbezüglich informiert Sie der CalfExpert rechtzeitig, wenn ein Nuckelwechsel ansteht.
3. Kälber individuell beobachten:
Nicht alle Kälber sind gleich – Charakter, Alter und Gesundheitszustand spielen eine wichtige Rolle. Achten Sie deshalb auf Auffälligkeiten beim Trinken und passen Sie gegebenenfalls den Nuckeltyp oder den Tränkeplan an.
Fazit: Auf den Nuckel kommt es an!
Kälber mit dem 3 mm-Nuckel erreichten die höchste Trinkgeschwindigkeit und nahmen pro Besuch die größte Milchmenge auf. Gleichzeitig waren sie nach dem Trinken lebhafter, wiesen aber auch eine größere Streuung im Verhalten auf. Der 2 mm-Nuckel führte zu gleichmäßigeren Geschwindigkeiten und ruhigerem Verhalten nach dem Trinken und reduzierte damit möglicherweise das Risiko von gegenseitigem Besaugen. Allerdings kam es häufiger zu Tränkeabbrüche – ein Nachteil vor allem bei schwächeren oder kranken Kälbern, die ohnehin weniger leistungsfähig sind.
Die Ergebnisse machen zudem deutlich, dass Alter und individuelle Unterschiede eine große Rolle spielen: Während jüngere Kälber mehr Zeit an der Tränke verbringen, gleicht sich das Verhalten in der Abtränkphase an. Der Milk Bar-Nuckel erwies sich als besonders beruhigend, mit wenigen Tränkeabbrüchen und reduzierter Aktivität – allerdings nur bei regelmäßigem Austausch.
Insgesamt zeigt sich: Der richtige Nuckel ist ein wichtiger Stellhebel für das Tierwohl und die Aufzuchtleistung. Betriebe sollten die Auswahl bewusst an ihr Management, die Kälbergesundheit und ihre Zielsetzungen anpassen.
Für die Praxis bedeutet das:
- Wer die Trinkgeschwindigkeit bewusst steuert, kann sowohl die Gesundheit als auch das Wohlbefinden der Kälber verbessern.
- Ein langsamerer Nuckel kann helfen, den Stress und das gegenseitige Besaugen zu reduzieren.
- Gleichzeitig muss immer sichergestellt sein, dass die Kälber genug Milch aufnehmen, um optimal zu wachsen.
Dank an die Autorinnen und Autoren
Unser Dank gilt den Autorinnen und Autoren der Studie für die umfangreiche Arbeit und für die Erlaubnis die Ergebnisse in diesem Blog präsentieren zu dürfen:
Raul Jonathan Preuß und Prof. Dr. Katrin Mahlkow-Nerge
Fachhochschule Kiel, Fachbereich Agrarwirtschaft
Grüner Kamp 11
D-24783 Osterrönfeld
E-Mail: katrin.mahlkow-nerge@fh-kiel.de
sowie
M.Sc. Kjara Braun
Holm & Laue GmbH & Co. KG